Briefwechsel 1959-1976

Buchdeckel „978-3-608-94265-1
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Der Briefwechsel ist ein durchgehendes Gespräch über die Möglichkeiten von Dichten und Denken in einer Zeit, die aufgrund ihrer technisch-kybernetischen Ausrichtung vom Verlust der Sprache bedroht ist.

»Da wir uns eigentlich - damals - hätten kennen sollen«
Mit diesem Satz eröffnet Imma von Bodmershof den Briefwechsel mit Martin Heidegger und spielt damit auf ihre Zugehörigkeit zur gleichen Generation an. Zu den besonderen Umständen gehört für beide Briefpartner ihre Vertrautheit mit dem Werk Hölderlins. Imma war mit Norbert von Hellingrath verlobt und nahm regen Anteil an der von ihm betreuten Hölderlin-Ausgabe. Dort wurden erstmals die späten Dichtungen veröffentlicht und als Höhepunkt dieses Werkes herausgestellt. Martin Heidegger verdeutlicht seinerseits, daß er sich bereits von 1909 bis 1913 mit der Dichtung Hölderlins auseinandersetzte und wieviel er diesem Ereignis verdankte.

Imma von Bodmershof tritt als eigenständige Schriftstellerin und Dichterin in Erscheinung und findet in Martin Heidegger einen aufmerksamen Zuhörer und Leser ihres Sizilien-Romans und ihrer Haiku-Dichtung.

Die Briefedition wird durch wichtige Anmerkungen ergänzt. Das Nachwort hebt die Bedeutung Norbert von Hellingraths für den vorliegenden Briefwechsel und die Hölderlin-Forschung hervor.

Leseprobe

Freiburg i.Br., 12. Juli 1975

Liebe verehrte Freundin,

Ihre "Erinnerungen an Norbert" haben mir das Werk, das er geschaffen hat, noch geheimnisvoller gemacht. Jetzt weiß ich erst, daß Norbert in einer kurzen Lebenszeit ein weitherkommendes griechisch-deutsches Erbe vollendet zum Austrag bringen mußte.
Die Jahre, von denen Sie in den "Erinnerungen" erzählen (1909 bis 1913), decken sich mit der Zeit meines Universitätsstudiums in Freiburg: von 1909 bis 1911 Theologie und Philosophie, dann bis zur Promotion 1913 Philosophie und Geistes- und Naturwissenschaften. Im Wintersemester 1911/12 fand ich unter den Neuerscheinungen Norberts die bei Diederichs Jena verlegten "Prolegomena zu einer Erstausgabe von Hölderlins Pindarübertragungen". Ich konnte mir die Schrift nicht kaufen und verstand überdies noch wenig von dem schwer und fast pindarisch geschriebenen Text. Ich besaß nur das schmale Reclambändchen der Gedichte Hölderlins. Ich merkte nur bei einer flüchtigen Lektüre der von der Universitätsbibliothek entliehenene Dissertations Norberts, daß Hölderlins Dichtung sich nicht - wie damals üblich - der Romantik zuordnen lasse.
Ich wußte damals nicht, wer Hellingrath war. Dies erfuhr ich erst während des Wintersemesters 1913/14 im philosophischen Seminar bei Heinrich Rickert, an dem auch schon promovierte Leute aus Heidelberg teilnahmen. Es hieß, Hellingrath stehe in Verbindung mit dem Kreis um George und bereite eine neue Ausgabe von Hölderlin vor.
Mein Weg zu Norberts Hölderlin war weit, und meine Frau war Begleiterin auf diesem Weg, der in den ersten Junitagen 1959 durch unsere Begegnung mit Ihnen gleichsam an sein Ziel kam.
Oft sprechen wir von dem Vortrag des Lehrers von Norbert - wie Professor von der Leyen mehrmals die Namen Hölderlin und Hellingrath vertauschte - eine erregende Bezeugung der geheimnisvollen, schicksalhaften Zugehörigkeit Norberts zu Hölderlin.
Heute fällt mir dazu ein Wort des achtundzwanzigjährigen Nietzsche ein, das sich unter den Aufzeichnungen zu seiner Baseler Vorlesung "Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen" findet:

"Das Große wirkt nur auf das Große:
wie die Fackelpost im Agamemnon
nur von Höhe zu Höhe springt."

Während ich wiederholt bei den "Erinnerungen" verweilte, las ich Norberts Vorrede zum V. Band, der 1913 erschien, dem im selben Jahr der Band I folgte mit der Vorrede zum ganzen Werk - und schließlich die Vorrede zum IV. Band mit dem Datum "Juli 1914". Zugleich verglich ich Stil und Sprache dieser Vorreden mit den 1911 erschienenen "Prolegomena", die - längst vergriffen - mir später einer meiner Schüler geschenkt hat.
Der Vergleich zeigte, daß der Stil und die Sprache der Vorreden gelöster und offener sind - ein Wandel, der den Tagen und Wochen in Lichtenau zu verdanken ist.
Nur Wenige kennen und erkennen die Einzigartigkeit von Norberts Hölderlinausgabe. Sie gehört nicht in den Bereich der "Hölderlin-Forschung", die ihre eigenen, aber beschränkten Verdienste haben mag. Norbert schreibt in seiner Dissertation, "von allen, die sich an Pindar gewagt, er (Hölderlin) allein ist ein großer Dichter" (S.21).
Dankend grüße ich Sie, liebe verehrte Freundin,
mit dem Wunsche, Rastbach möge Ihnen nicht zu große Mühe abverlangen.
Ihr
Martin Heidegger

Klett-Cotta Hrsg. von Bruno Pieger
1. Aufl. 2000, 211 Seiten, Gebunden. Fadenheftung
ISBN: 978-3-608-94265-1

Martin Heidegger

Martin Heidegger wurde am 26. September 1889 in Meßkirch geboren und starb am 26. Mai 1976 in Freiburg. Er ist einer der einflussreichsten und ...

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