Dem Lernen auf der Spur

Die pädagogische Perspektive
Buchdeckel „978-3-608-94494-5
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Lernen aus der Sicht der Erziehungswissenschaften

Zum ersten Mal seit Jahren geben renommierte Erziehungswissenschaftler aus dem In- und Ausland einen Einblick in die Forschung und einen Überblick zum Thema »Lernen«.

Der »Pädagogik« gelingt es wieder, neue Perspektiven auf das »Lernen« zu eröffnen, neben den aktuell favorisierten Erklärungen der Psychologie, Neuro- und Kognitionswissenschaft. Das Spektrum der 22 Beiträge
- reicht von den Anfängen des Lernens bis zum ganzheitlichen Lernen
- handelt vom elementaren bis zum komplexen Lernen, vom Lernen zwischen Personen und Kulturen
- thematisiert aktuelle gesellschaftlich-kulturelle (Lern-)Trends
- zeigt Wege dies- und jenseits des allgegenwärtigen PISAZwangs.

Die pädagogische Perspektive ermöglicht es überhaupt erst, viele neue empirische Erkenntnisse angemessen für das menschliche Selbstverständnis zu deuten, sie einzuordnen und in eine humanwissenschaftlichen Theorie des Lernens zu integrieren.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung
Retournieren [ re-turn ]
HORST RUMPF
Lernen als Vollzug und als Erledigung
Sich einlassen auf Befremdliches oder: Über Lernvollzüge ohne Erledigungsdruck
TOBIAS KÜNKLER
›Lernen im Zwischen‹
Zum Zusammenhang von Lerntheorien, Subjektkonzeptionen und dem Vollzug des Lernens
INES MARIA BREINBAUER
Nachhaltiges Lernen
Über die Unmöglichkeit, Prozess und Ergebnis mit dem gleichen Begriff zu verhandeln
LUTZ KOCH
Zur Urteilsform des Lernens
Bemerkungen zur Logik des Lernens
GEROLD SCHOLZ
Der Sprung über die Bank
Oder: Lernen kann man beobachten
JUTTA ECARIUS
Elementares Lernen und Erfahrungslernen
Handlungsproblematiken und Lernprozesse in biographischen Erzählungen
HENNING SCHLUSS
Gutes Lernen
Perspektiven auf das moralische Lernen
Unterbrechen [ inter-mit ]
JOHANNES BILSTEIN
Lernen
Lektionen aus der Kunst
ANDREA ENGLISH
Wo doing aufhört und learning anfängt
John Dewey über Lernen und die Negativität in Erfahrung und Denken
KRISTIN WESTPHAL
Lernen als Unterbrechung
Aspekte einer Phänomenologie des Schweigens im Theater/Spiel
AGNIESZKA DZIERZBICKA
Informelles Lernen:
Engagement unerwünscht!
Von Workload und unbedingtem Interesse
THOMAS METTEN
Medialität als Differenz und Vermittlung
Überlegungen zu einem ästhetischen Lern- und Vermittlungsbegriff
ALFRED SCHIRLBAUER
37 Elefanten
Oder: Kann man ohne Lerntheorie unterrichten?
LUDWIG DUNCKER
Lernen und Erinnern
Gedächtnisleistungen in bildungstheoretischer Sicht
REINHOLD STIPSITS
Fremdes Lernen
Wenn einer eine Reise tut ...
Verschieben [ re-locate ]
KLAUS PRANGE
Lernen im Kontext des Erziehens
Überlegungen zu einem pädagogischen Begriff des Lernens
KLAUDIA SCHULTHEIS
Enkulturation und Erziehung
Zur Leibdimension des Lernens
KONSTANTIN MITGUTSCH
Lernen durch Erfahren
Über Bruchlinien im Vollzug des Lernens
MALTE BRINKMANN
Üben - elementares Lernen
Überlegungen zur Phänomenologie, Theorie und Didaktik der pädagogischen Übung
BIRGIT ALTHANS
Bodies that matter
Zur Bedeutung des Körpergedächtnisses beim Lernen
JÖRG ZIRFAS
Sterben lernen
Historische Anmerkungen zum philosophischen und pädagogischen Umgang mit der Endlichkeit
ELISABETH SATTLER
›Lernen, sich zu bestimmen‹
Alfred Petzelts Subjektivität im Prinzip
Autorinnen und Autoren



Leseprobe

Einleitung
Das vorliegende Buch nimmt pädagogische Beiträge zu Lernen in den Blick. Diese Justierung der Forschungsperspektive vollzieht sich angesichts der Diagnose, dass gerade Publikationen zu Lernen eher im Schatten, im ›Abseits‹ der deutschsprachigen erziehungswissenschaftlichen Publikationslandschaft stehen. Lernen erscheint so als eines der unaufgeklärtesten Phänomene (in) der Pädagogik und wird - auch in der Forschung - zumeist auf psychologischem und neuerdings auf neurowissenschaftlichem Terrain bearbeitet. So ist es einerseits schwer zu bestreiten, dass Lernen als wichtiger Bestandteil - wenn auch implizit - pädagogisches Denken und Handeln begleitet. Andererseits finden sich kaum erziehungswissenschaftliche Auseinandersetzungen um Lernen, und dessen Vollzug bleibt im pädagogischen Diskurs oftmals ungeklärt.
Im Sammelband Dem Lernen auf der Spur. Die pädagogische Perspektive liegt der Fokus weder auf dem gegenwärtig hochaktuellen neurobiologischen »Wo« des Lernens noch auf dem typischen gegenstandstheoretischen »Was« des Lernens und auch nicht auf dem klassischen didaktischen »Wie« des Lernens, sondern auf eben jenem oft übersehenen »Wie« des Vollzugs im Lernen. Dieses Lernen, so Käte Meyer-Drawe , »meint vor allem einen Vollzug, eine Aktivität« ( Meyer-Drawe 2003, 508) und weniger ein Ergebnis oder Resultat. Offen bleibt hierbei nun, wie ein solcher Lernvollzug »pädagogisch« gedacht werden kann. Die Frage nach einem pädagogischen Verständnis des Vollzugs des Lernens scheint sich in gewisser Hinsicht einer Antwort zu entziehen, wenn es »vielmehr als Struktureigentümlichkeit zum Lernen selbst dazu [gehört; d. Verf.], dass sich der Vollzug ins Dunkle zurückzieht« ( Meyer-Drawe 2003, 508 f.). Vielleicht gehört der Lernvollzug auch mit guten Gründen zum » Verborgensten und Unbekanntesten « (Buck 1989, 7), gerade deshalb erscheint es uns an der Zeit, dieses Phänomen in den Blick zu nehmen, und sei es auch in seinen möglichen Grenzen.
Schon seit der Antike ist bekannt, dass diese Fragerichtung lohnenswert ist. Die historischen Wurzeln des Nachdenkens über Lernen reichen bis zu den antiken Philosophen Epicharm , Xenophanes , Demokrit und Parmenides zurück (vgl. Ritter/ Gründer 1980). Erste Überlegungen zur Rolle des Lernens für den Erwerb von Wissen und Erkenntnis finden sich bei Platon und Aristoteles. Während Platon das eristische Paradoxon, dass Lernen entweder unmöglich oder unnotwendig erscheinen lässt, zu lösen sucht und Lernen als einen Akt der Wiedererinnerung ( Anamnesis ) der unsterblichen Seele fasst, expliziert Aristoteles den aufsteigenden Weg der Erfahrung als Epagoge und eröffnet ein neues Verständnis der Vorerfahrung im Lernvollzug (vgl. Buck 1989, Prange 1973 , Fischer 1997, Meyer-Drawe 2003). Eine historische Retrospektive vermag zu zeigen, dass diese antiken Überlegungen als zentrale Ausgangs- und Anknüpfungspunkte für weitere Überlegungen zu Lernen gefasst werden können und dass sie durch die unterschiedlichsten Epochen und deren Paradigmen hindurch Ausdruck finden (vgl. Böhm 1994). So kann ein Blick in die Geschichte Auskunft über eine Vielzahl von Analysen, Methodiken, (Erklärungs-) Modellen und Untersuchungen zu Lernen geben, dennoch bleibt die Frage nach dem »Wie« des pädagogischen Lernvollzugs bis heute weitgehend ungeklärt.
Aktuell wird menschliches Lernen in unterschiedlichen Disziplinen und Paradigmen divers erörtert, unter anderem in biologischen, neuronalen, sozialen, philosophischen oder pädagogischen Erklärungsansätzen. Dies hat zur Folge, dass Lernen mitunter als kognitive und emotionale Verhaltensleistung gefasst, mal evolutionstheoretisch oder anthropologisch verortet, manchmal eben informationstheoretisch oder gesellschaftstheoretisch gedeutet wird. Fraglich bleibt, ob und wie sich ein genuin pädagogisches Verständnis von Lernen fassen lässt. Verstehen Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftler Lernen heute als einen einheimischen Begriff (vgl. Prange 2005) ihrer Disziplin? Derzeit lassen sich jedenfalls - neben dem hier vorliegenden Band - vermehrt Publikationen zu pädagogischen Theorien des Lernens ausmachen 1 und dennoch bleibt die Frage nach dem pädagogischen Moment im Lernvollzug brisant.
Mindestes drei analytisch zu trennende Problemfelder eröffnen sich, wenn es um erziehungswissenschaftliche Einsätze zu Lernen geht: 1. Zum einen wird die Frage nach dem Lernen bereits seit der Erziehungslehre Platons im Modus des Lehrens und seiner Inhalte gedacht (vgl. Prange 1973). Auch heute noch liegt das vorrangige Interesse oft auf einer vermeintlich gesicherten Vermittlung von Wissensinhalten. 2. Zum anderen beruft sich Pädagogik, wenn es um Lernen geht, auf Erkenntnisse und Ergebnisse anderer Wissenschaften und deren Lerntheorie(n). So lassen sich mehrfach Versuche ausmachen, die Frage nach dem Lernen über Theorieimport zu lösen (vgl. Bracht 1997). Klaus Prange benennt diese Problematik pointiert: »Wenn es um Fragen des Lernens geht, haben die Psychologen das Wort [...]« (Prange 2005, 15). 3. Erziehungswissenschaft findet sich demnach im Spannungsfeld zwischen aktuellen interdisziplinären Forschungsdesigns und der eigenen disziplinären Traditionsgeschichte (vgl. auch Benner/ Oelkers / Ruhloff 1988).
Angesichts dieser aktuellen Problemlagen verstehen wir die Frage nach dem Lernen und dessen Vollzug als wichtigen Impuls für eine disziplinäre Auseinandersetzung, um Lernen als Thema der Pädagogik zu positionieren. Eine solche Positionierung versucht nicht, Lernen und dessen Vollzug in den Griff zu bekommen, sondern zielt darauf ab, die differierenden innerdisziplinären Zugriffe und Perspektiven auf Lernen sichtbar zu machen. Diese Frage nach dem »Wie« des Lernens bringt Antwortversuche von Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftlern hervor, die der vorliegende Band hier nun versammelt. Sie nähern sich auf unterschiedlichen Wegen und in unterschiedlichen Bewegungen der Frage nach dem Lernvollzug. Das Buch ist somit dem Lernen auf der Spur.
In den Beiträgen lassen sich mindestens drei zu unterscheidende Antwort-Bewegungen ausmachen, an denen sich die Anordnung der einzelnen Texte innerhalb des Buches orientiert.
Unter Retournieren finden sich jene Texte, welche die Frage nach dem Lernvollzug aufnehmen und in ihren Antwortbewegungen ein modifiziertes Verständnis von Lernen re-tournieren . Eine solche Bewegung versteht sich als turn (im Sinne einer Wendung oder Drehung), die ihren Ausgangspunkt nachträglich neu fasst [ re-turn ].
Unter Unterbrechen werden jene Beiträge versammelt, die in ihrer Antwort auf die Frage nach dem Lernvollzug auf einen Bruch verweisen oder einen Bruch wagen. Die Antwortbewegungen eröffnen differierende Denkräume, um Lernen zur Sprache zu bringen, indem sie mit guten Gründen scheinbar lineare, homogene Argumentationen unterbrechen [ inter-mit ].
Unter Verschieben sind jene Texte zu finden, deren Antwort auf die Frage nach dem Lernvollzug der Bewegung einer Transformation folgt. Sie nehmen damit andere Verortungen des Lernvollzugs auf ohne die Ausgangsfrage zu suspendieren, wohl aber sie zu transformieren [ re-locate ]. [...]

Klett-Cotta Fachbuch Hrsg. von Konstantin Mitgutsch
1. Aufl. 2008, 340 Seiten, Broschiert
ISBN: 978-3-608-94494-5
autor_portrait

Konstantin Mitgutsch

Konstantin Mitgutsch ist Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien, Forschungseinheit für Allgemeine ...

Elisabeth Sattler

Elisabeth Sattler ist Universitätsassistentin am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien, Forschungseinheit Allgemeine ...

Kristin Westphal

Kristin Westphal ist Professorin an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz, FB 1 Bildungswissenschaften IfGP; Forschungsschwerpunkte: ...

Ines Maria Breinbauer

Ines Maria Breinbauer ist Universitätsprofessorin für Allgemeine (Systematische) Pädagogik am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien ...



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