Briefwechsel 1949-1975

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Die bisher ungedruckte Korrespondenz der beiden für das 20. Jahrhundert zentralen Figuren konservativ-revolutionären Denkens

Dieser bisher unveröffentlichte Briefwechsel zwischen Ernst Jünger und Martin Heidegger geht aus Gesprächen der Nachkriegszeit über ein großangelegtes Zeitschriften-Projekt hervor, an dem neben Jünger und Heidegger auch Gerhard Nebel, Friedrich Georg Jünger und Werner Heisenberg beteiligt sein sollten. Ein Vorhaben, das nicht verwirklicht wurde – und das doch einen schriftlichen Austausch zwischen den beiden Autoren initiierte, der bis zum Tod Heideggers dauerte.

Neben der Organisation des schriftstellerischen Lebens, den Publikationen und öffentlichen Reaktionen auf sie, den Einladungen und polemischen Einwürfen gegen den Zeitgeist sind es vor allem Betrachtungen zur Sprache, denen dieser Austausch gilt. Die Verflachung unseres Sprachgebrauchs durch Spezialisierung, der Wert der (rapide verschwindenden) Dialekte, die Rolle der Sprache als Erkenntnismittel, die Sprachphilosophie Rivarols – das sind einige der wichtigen Stichworte dieser Dokumente.


Zusätzlich aufgenommen in diesen Band sind die Festschrift Jüngers zu Heideggers 60. Geburtstag, »Über die Linie«, Heideggers Aufsatz »Zur Seinsfrage« und die Texte des Bändchens »Federbälle« – Sprachnotizen, von Jünger dem Philosophen zum 80. Geburtstag als Privatdruck gewidmet.


Der Herausgeber:
Günter Figal, Professor für Philosophie an der Universität Freiburg. Studium der Philosophie und Germanistik in Heidelberg. Habilitation 1987. Herausgeber des »Internationalen Jahrbuchs für Hermeneutik. Veröffentlichungen u. a.: Theodor W. Adorno. Das Naturschöne als spekulative Gedankenfigur (1977), Martin Heidegger, Phänomenologie der Freiheit (3. Aufl., 2001), Nietzsche. Eine philosophische Einführung (1999). Gegenständlichkeit (2006).


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Leseprobe


Martin Heidegger an Ernst Jünger
Freiburg i. Br. 1949. 23. Juni


Lieber Herr Jünger!
Ich danke Ihnen für Ihren Brief. der sich mit meinen Überlegungen trifft. Zunächst möchte ich Sie aber bitten, den »Professor« wegzulassen.
Ich erinnere noch genau die Stelle des Weges, auf dem wir im vorigen Herbst von der äußersten Gefährdung derer sprachen, die heute versuchen, am Wesentlichen zu bleiben; daß es nicht Flucht sei, sondern höchste Freiheit, die Einsamkeit auszustehen.
Aber der natürliche Drang, unmittelbar zu helfen, Stützen und Leitseil zu bieten, drängt dann Dinge zu versuchen, die sich bei strenger Besinnung als irrig herausstellen. [...]
Es gibt eine Nachlaßaufzeichnung von Nietzsche, die Sie gewiß kennen, aus der Zeit der »Fröhlichen Wissenschaft«: »Hundert tiefe Einsamkeiten bilden zusammen die Stadt Venedig – dies ihr Zauber. Ein Bild für die Menschen der Zukunft.«
Mir scheint, daß sich hier ein Gesetz für die künftig Dichtenden und Denkenden verbirgt, zu dessen unscheinbarer Vorübung wir vielleicht bestimmt sind.
Darum meine ich, wir sollten das Vorhaben zurücknehmen und seine Bestimmung erst noch länger wachsen lassen. Wir dürfen der fortbestehenden, aber inzwischen schlauer gewordenen Rachsucht nicht das letzte zum Fraß vorwerfen; wir müssen im eigentlichen unangreifbar bleiben. Die beste Taktik hülfe nichts; wir sind da längst überholt. Vor wenigen Tagen erhielt mein Freund, der als oberschlesischer Flüchtling bei uns wohnt, einen Brief von einem jüdischen Emigranten (Prof. i. U.S.A.), worin er schreibt, er (d. h. man) sei außerordentlich gespannt darauf, was aus der neuen Zeitschrift von Jünger und Heidegger würde. –
Ich freue mich. daß Sie im oberschwäbischen Land, das ich liebe, heimisch geworden sind und ich hoffe, daß ich Sie dort einmal besuchen kann. Wir gehen erst Ende der Woche auf die nicht mehr so wetterfeste Hütte.
Einen herzlichen Gruß
Ihr
Martin Heidegger



Ernst Jünger an Martin Heidegger

Ravensburg. Wilhelm-Hauff-Straße 18  25.6.49.


Lieber Herr Heidegger,
Ihre Lagebeurteilung trifft wohl das Richtige. Der Gedanke, ein Organ für die letzten selbständig Denkenden und schaffenden zu bilden, hatte etwas Verlockendes. Er hätte aber vielleicht auch zu stärkerem Aufwande geführt, als es in der Absicht der Beteiligten lag. Im Laufe der letzten Jahre ist mir ganz deutlich geworden, daß Schweigen die stärkste Waffe ist, vorausgesetzt, daß sich dahinter etwas verbirgt, das das Verschweigen lohnt.
Gern komme ich bei Gelegenheit einmal herauf, vielleicht in Gesellschaft von Friedrich Georg oder Vittorio Klostermann. Zur Zeit bin ich recht in der Arbeit, von alten und neuen Manuscripten bedrängt.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
Ernst Jünger




Ernst Jünger an Martin Heidegger
Ravensburg, 6.1.1950.


Lieber Herr Heidegger,
Noch immer habe ich Ihnen zu danken für das Geschenk Ihres »Feldweges«. Durch diese Gabe wurden mir besondere Aufschlüsse über die Art Ihres Denkens zuteil.
Wie unser gemeinsamer Verleger Vittorio Klostermann Ihnen berichtet hat, möchte ich Ihnen meinen Dank nicht nur für Ihr Geschenk, sondern für Ihre Existenz durch einen Beitrag zu der Festschrift abstatten, die anläßlich Ihres Jubiläums erscheint. Die Gabe wird vielleicht nicht homogen sein, doch dafür, wie ich hoffe, echt.
Von Herrn Barth, einem meiner Leser, erhielt ich einen ausführlichen Bericht über Ihren Bremer Besuch. Ich weiß nicht, ob die Diskussion in ihren Einzelheiten von ihm genau geschildert worden ist. Es fiel mir darin auf, daß Sie von »meiner« neuen Theologie gesprochen haben – das ist indessen ein Anspruch, der von mir nicht erhoben wird. Was mich beunruhigt, das ist vielmehr der offensichtliche Mangel an theologischer Durchdringung, dessen Behebung ich von den philosophen erhoffe; es ist dies eine Aufgabe, die ihnen weder der Philosoph noch der Dichter abnehmen kann, von anderen Kräften ganz abgesehen.
Ich nehme ferner nicht für mich in Anspruch, Christ zu sein. Noch weniger freilich ein Antichrist. Ihren Ausführungen schien ein bedeutender Antagonismus in dieser Hinsicht innezuwohnen. Ich möchte mich eher wohlwollend und abwartend verhalten, und auch die Tatsachen würdigen. Die Kirchen haben viel von den Stößen abgefangen, die wir erlebt haben. Auch heute würde in einer Stadt wie Ravensburg, wenn die beiden Konfessionen in ihr erlöschen würden, über Nacht der Kannibalismus ausbrechen. Er sitzt ganz dünn unter der Politur.
Ich gebe zu, daß das noch Dinge sind, die man post festum genießt. Wer weiß aber, ob in den uns unzugänglichen OberweIten es unter anderem nicht gerade ein christlicher Äon ist, der sich gebären will? Vielleicht manifestieren sich die Vor-Gänge, die sich dort abspielen, noch zu unseren Lebzeiten. Der Himmel scheint eine Eihaut zu sein, die nur noch eines letzten Anstoßes bedarf.
Den Zeitschriftenplan habe ich ganz aufgegeben. Wie richtig Ihr Zögern war, erkenne ich besonders in Anbetracht der neuen Presse-Campagne, die gegen mich im Gange ist. Zu viele sehen sich durch mich in ihrer Sicherheit bedroht. Zwar wäre ein solches Forum zur Klärung von Fragen wie der oben berührten gut gewesen, doch besser bleibt wohl das den Lemuren entzogene Gespräch.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
EJ.


Klett-Cotta Hrsg. von Günter Figal
1. Aufl. 2008, 317 Seiten, Gebunden. 5 Abbildungen
ISBN: 978-3-608-93641-4
autor_portrait
© Ulf Andersen

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Sämtliche Werke - Band 19

Erzählende Schriften II: Heliopolis

Sämtliche Werke - Band 20

Erzählende Schriften III: Eumeswil

Sämtliche Werke - Band 21

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