In großer Schrift - das Leseerlebnis für Groß und Klein
Für viele Jungen und Mädchen ist »Der Hobbit« das erste größere Leseerlebnis. Diese Neuausgabe des Fantasy-Klassikers wendet sich mit ihrer freundlichen Ausstattung und der großen Schrift besonders an junge Leser.
»In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.« So einfach kann es sein, Leseneugier zu wecken. Die Geschichte, die heute ein Millionenpublikum begeistert, hat sich der geborene Fabulierer J. R. R. Tolkien zunächst für seine Kinder ausgedacht. Mit der Zeit wuchs daraus ein Lebenswerk, das Epos von Mittelerde. Diese Ausgabe präsentiert den »Hobbit« in einer klaren und zeitgemäßen Sprache, die sich tief vor dem Erfindungsreichtum des Autors verbeugt. Und wer will, kann ganz am Anfang lernen, wie man Runen liest und schreibt ...
Es gibt auch eine >>> illustrierte Version von »Der Hobbit« mit Illustrationen von Alan Lee
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Da es immer wieder zu Verwechslungen der verschiedenen Ausgaben des »Hobbit« kommt, hier ein kurzer Überblick zur Editionsgeschichte von »Der Hobbit oder Hin und zurück«
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
KAPITEL 1
Ein unerwartetes Fest
SEITE 11
KAPITEL 2
Hammelbraten
SEITE 52
KAPITEL 3
Eine kurze
Rast SEITE 78
KAPITEL 4
Drüber
hin und unten durch SEITE 92
KAPITEL
5
Rätsel im Dunkeln SEITE 111
KAPITEL 6
Aus der Pfanne ins Feuer SEITE
145
KAPITEL 7
Ein seltsames Quartier SEITE 176
KAPITEL 8
Fliegen und
Spinnen SEITE 216
KAPITEL 9
Fässer unverzollt SEITE
262
KAPITEL 10
Ein begeisterter Empfang SEITE 288
KAPITEL 11
Auf der
Türschwelle SEITE 307
KAPITEL
12
Aus gutunterrichteter Quelle SEITE
321
KAPITEL 13
Nicht daheim SEITE 355
KAPITEL 14
Feuer und Wasser
SEITE 374
KAPITEL 15
Die Wolken
sammeln sich SEITE 390
KAPITEL
16
Ein Dieb in der Nacht SEITE 406
KAPITEL 17
Die Wolken bersten SEITE
417
KAPITEL 18
Der Rückweg SEITE
436
KAPITEL 19
Die letzte Etappe SEITE 450
LeseprobeDies ist eine Geschichte aus alter Zeit. Die Sprachen und
Schriftzeichen waren damals andere als unsere heutigen.* Die Runen schnitt oder
ritzte man ursprünglich in Holz, Stein oder Metall; darum waren sie dünn und
eckig. Zur Zeit dieser Erzählung wurden sie nur von den Zwergen benutzt,
besonders in persönlichen oder geheimen Aufzeichnungen. Ihre Runen werden in
diesem Buch durch altenglische Runen** wiedergegeben, die heute nur noch wenige
Leute kennen. Anhand der Runen auf Thrors Karte und ihrer Transkription in
modernes Englisch lässt sich das Alphabet bestimmen, so dass auch der Titel
dieser Ausgabe entziffert werden kann. Alle gebräuchlichen Runen finden sich auf
der Karte, ausgenommen für X, I und U werden für J und V gebraucht. Eine Rune
für Q gab es nicht (dafür kann man CW oder KW verwenden), auch nicht für Z
(dafür gab es, wo erforderlich, die Zwergenrune ). Man wird ferner sehen, dass
manchmal eine einzige Rune zwei moderne Buchstaben vertritt: th, ng, ee;
auch andere Runen wurden manchmal in dieser Weise gebraucht ( ea und
st). Die geheime Tür war mit D(oor) bezeichnet. Unter der Hand, die von
der Seite auf sie hindeutete, stand geschrieben: (»Five feet high the door and
three may walk abreast«, vgl. S. 40: »Türhöhe fünf Fuß, und drei können
nebeneinander gehen.«).Die Mondrunen, die Elrond las, waren:(»Stand by the grey
stone when the thrush knocks and the setting sun with the last light of Durin’s
Day will shine upon the key-hole«, vgl. S. 90: »Stellt euch an den grauen Stein,
wenn die Drossel schlägt und der letzte Sonnenstrahl am Durinstag auf das
Schlüsselloch fällt).Die Himmelsrichtungen sind auf der Karte mit Runen
bezeichnet, mit Ost zuoberst, wie auf Zwergenkarten üblich. Im Uhrzeigersinn:
E(ast, Ost), S(üd), W(est), N(ord).
* * In der Originalausgabe wurden diese Sprachen durch das
Englische ausgedrückt, das hier ins Deutsche übersetzt wurde. Doch es muss
darauf hingewiesen werden:Ork ist weder ein englisches noch ein deutsches
Wort, sondern ein Ausdruck, den die Hobbits damals diesen Kreaturen gaben. Er
ist keinesfalls mit dem Wort orca verwandt, das Walarten
bezeichnet.
** Diese Runen stimmen nicht überein mit der im Herrn der
Ringe (Anhang E) dargestellten Angerthas-Schrift oder den »Zwergenrunen«:
Die Zeichen sind zwar zum großen Teil dieselben, doch sind sie anderen Lauten
zugeordnet. [Anm. d. Übers.]
Ein unerwartetes Fest
In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.
Nicht in einem feuchten, schmutzigen Loch, wo es nach Moder riecht und
Wurmzipfel von den Wänden herabhängen, und auch nicht in einer trockenen, kahlen
Sandgrube ohne Tische und Stühle, wo man sich zum Essen hinsetzen kann: Nein,
das Loch war eine Hobbithöhle, und das heißt, es war sehr komfortabel.
Die
Tür war kreisrund wie ein Bullauge, grün gestrichen, mit einem blanken gelben
Messingknopf genau in der Mitte. Sie führte in eine röhrenförmige Diele, eine
Art Tunnel, aber ein sehr komfortabler, luftiger Tunnel mit holzgetäfelten
Wänden, gekacheltem und mit Teppichen belegtem Fußboden, lackierten Stühlen und
einer Unmenge Haken an der Wand für Hüte und Mäntel – der Hobbit hatte gern
Besuch. Die Diele zog sich in Windungen ein ganzes Stück weit hin, aber nicht
tief in den Bühl hinein – so wurde die kleine Anhöhe von den Nachbarn auf
etliche Meilen im Umkreis genannt –, und viele kleine runde Türen gingen darauf
hinaus, abwechselnd zu beiden Seiten. Treppen brauchte der Hobbit nicht zu
steigen: Schlafzimmer, Bad, Keller, Speisekammern (deren er mehrere hatte),
Garderoben (ganze Kammern voller Kleider), die Küche und die Speisezimmer, alles
lag auf gleicher Höhe und grenzte an diesen Gang. Die besten Zimmer waren auf
der linken Seite (wenn man hereinkam), denn nur hier gab es Fenster, tief über
dem Boden angesetzte runde Fenster, aus denen der Hobbit auf seinen Garten und
die zum Fluss abfallenden Wiesen dahinter hinaussah.Dieser Hobbit war ein sehr
wohlhabender Hobbit, und er hieß Beutlin. Die Beutlins wohnten schon seit
unvordenklichen Zeiten in der Gegend um den Bühl und galten als sehr achtbare
Leute, nicht nur, weil die meisten von ihnen reich waren, sondern auch, weil sie
sich nie auf irgendwelche Abenteuer einließen oder etwas Unerwartetes taten: Was
ein Beutlin auf irgendeine Frage sagen würde, wusste man immer schon, ohne die
Frage erst stellen zu müssen. Unsere Geschichte nun handelt von einem Beutlin,
der dennoch in ein Abenteuer hineingeriet und der sich dabei ertappen musste,
wie er Dinge sagte und tat, die ihm niemand zugetraut hätte. Die Achtung seiner
Nachbarn mag er dabei verloren haben, aber er gewann – na, ihr werdet ja sehen,
ob er am Ende auch etwas gewann.Die Mutter des Hobbits, von dem wir reden – aber
was ist ein Hobbit? Ich glaube, ein paar Angaben sind nötig, denn die Hobbits
sind heutzutage selten und gehen dem Großen Volk, wie sie uns nennen, scheu aus
dem Weg. Sie sind (oder waren) kleine Leutchen, etwa halb so groß wie wir,
kleiner noch als die langbärtigen Zwerge. Hobbits haben keine Bärte. Mit
Zauberei haben sie wenig oder nichts zu tun, abgesehen von dem bisschen
Alltagsmagie, das ihnen erlaubt, schnell und geräuschlos zu verschwinden, wenn
große, täppische Leute wie du und ich dahergestapft kommen, mit einem Lärm wie
eine Elefantenherde, den die Hobbits meilenweit hören. Sie werden oft ein wenig
rund um die Leibesmitte und kleiden sich in helle Farben (vor allem Grün und
Gelb). Schuhe tragen sie nicht, weil ihnen an den Füßen natürliche Ledersohlen
und ein dichter brauner Pelz wachsen, ähnlich wie das Kraushaar auf ihren
Köpfen. Sie haben lange und geschickte braune Finger, gutmütige Gesichter und
ein tiefes saftiges Lachen (besonders nach dem Mittagessen, das sie am liebsten
zweimal täglich einnehmen). Damit wisst ihr über Hobbits fürs Erste genug. Wie
schon gesagt, die Mutter dieses Hobbits – Bilbo Beutlins nämlich – war die
fabelhafte Belladonna Tuk, eine der drei vortrefflichen Töchter des Alten Tuk.
Der Alte Tuk war das Familienoberhaupt der Hobbits, die irgendwo jenseits der
Wässer wohnten, des Flüsschens, das am Fuße des Bühls vorüberfloss. In den
anderen Hobbitfamilien wurde gemunkelt, vor langer Zeit müsse ein Tuk einmal
eine Elbin geheiratet haben. Das war natürlich Unsinn, aber immerhin war an
dieser Sippe noch etwas nicht ganz Hobbitmäßiges, und dann und wann kam es vor,
dass ein Tuk fortging und in Abenteuer verwickelt wurde. Meistens verschwand er
dann unauffällig, und die Familie vertuschte die Angelegenheit; aber Tatsache
blieb, dass die Tuks, obwohl zweifellos reicher als die Beutlins, doch keine
ganz so ehrbaren Leute waren.Nicht dass Belladonna Tuk je wieder ein Abenteuer
erlebt hätte, nachdem sie einmal Bungo Beutlins Frau geworden war. Bungo, das
war Bilbos Vater, baute für sie (und zum Teil mit ihrem Geld) die luxuriöseste
Hobbithöhle, die es auf oder unter dem Bühl oder jenseits der Wässer zu sehen
gab, und dort wohnten sie bis ans Ende ihrer Tage. Trotzdem ist es
wahrscheinlich, dass Bilbo, ihr einziges Kind und in Aussehen und Benehmen ganz
der behäbige Vater, etwas von einem Tuk mitbekommen hatte, eine absonderliche
Ader, die bei passender Gelegenheit hervortreten konnte. Die Gelegenheit kam
nie, bis Bilbo Beutlin erwachsen, das heißt, etwa fünfzig Jahre alt war, und
noch immer wohnte er in der schönen Hobbithöhle, die sein Vater gebaut hatte und
in der er nun so gut wie festgewachsen zu sein schien.Es war ein merkwürdiger
Zufall. Eines Morgens in der Frühe der Zeiten, als es noch mehr Grün und weniger
Lärm auf der Welt gab, als die Hobbits noch zahlreich waren und es ihnen
gutging, stand Bilbo Beutlin nach dem Frühstück vor seiner Tür und rauchte eine
gewaltige lange Holzpfeife, die fast bis zu seinen pelzigen (und sauber
gebürsteten) Zehen herabreichte, als Gandalf daherkam. Gandalf! Wenn ihr nur den
vierten Teil von all dem gehört hättet, was ich über ihn gehört habe – und ich
weiß selbst nur wenig von dem, was es da zu wissen gibt –, dann würdet ihr euch
auf eine erstaunliche Geschichte gefasst machen. Abenteuer und Gerüchte
außergewöhnlichster Art schienen ihm auf dem Fuße zu folgen, wohin er auch ging.
Unter dem Bühl war er seit ewigen Zeiten nicht mehr vorbeigekommen, seit sein
Freund, der Alte Tuk, gestorben war, und die Hobbits hatten fast vergessen, wie
er aussah. Das letzte Mal war er da gewesen, als sie alle noch kleine
Hobbitjungen und Hobbitmädchen waren, und seither hatte er anderswo zu tun
gehabt, irgendwo in den Gegenden hinter dem Bühl und jenseits der Wässer.Alles,
was der ahnungslose Bilbo an diesem Morgen sehen konnte, war ein alter Mann mit
einem Stab. Er trug einen spitzen blauen Hut, einen langen grauen Mantel, ein
silberweißes Halstuch, über dem ein weißer Bart bis zum Gürtel herabhing, und
große schwarze Stiefel.»Einen schönen guten Morgen!«, sagte Bilbo, und genau so
meinte er es auch. Die Sonne schien, und das Gras war grün. Aber Gandalf sah
ihn, unter seinen buschigen Brauen, die weiter hervorstachen als die Krempe
seines Hutes, scharf an.»Wie meinen Sie das?«, sagte er. »Wünschen Sie mir einen
guten Morgen, oder meinen Sie, dass es ein schöner Morgen ist, egal was wir
wünschen; oder dass Sie an diesem Morgen alles schön und gut finden, oder dass
man an diesem Morgen gut oder schön sein muss?«»Alles zugleich«, sagte Bilbo.
»Und außerdem genau die richtige Zeit, um vor der Tür eine Pfeife zu rauchen.
Wenn Sie eine Pfeife dabeihaben, setzen Sie sich doch her und stopfen Sie sich
eine mit meinem Tabak! Wir haben keine Eile, der ganze Tag liegt noch vor uns!«
Dann setzte Bilbo sich auf die Bank vor seiner Tür, schlug die Beine
übereinander und blies einen schönen grauen Rauchring, der in die Luft aufstieg,
ohne zu zerreißen, und über den Bühl davonschwebte.»Sehr nett!«, sagte Gandalf.
»Aber heute Morgen habe ich keine Zeit, Rauchringe zu blasen. Ich stecke in den
Vorbereitungen für ein Abenteuer und suche jemanden, der noch mitmacht. Es ist
sehr schwer, jemanden zu finden.«»Kann ich mir denken – hier in der Gegend. Wir
sind alles einfache, ruhige Leute und haben für Abenteuer nichts übrig. Dabei
hat man nur Ärger und Scherereien! Man kommt nicht mal mehr rechtzeitig zum
Essen! Ich versteh nicht, was man daran finden kann«, sagte unser guter Bilbo
Beutlin, klemmte einen Daumen hinter seinen Hosenträger und blies einen noch
größeren Ring aus. Dann nahm er sich die Post vor, die am Morgen gekommen war,
und fing an zu lesen, als ob der alte Mann nicht mehr da wäre. Er fand, das war
kein Umgang für ihn; hoffentlich ginge der Kerl nun weiter. Aber der rührte sich
nicht. Er stand da, auf seinen Stock gestützt, und schaute den Hobbit an, ohne
etwas zu sagen, bis Bilbo ganz nervös und ein bisschen ungehalten wurde.»Guten
Morgen!«, sagte er schließlich. »Für Abenteuer haben wir hier keine Verwendung,
nein danke! Versuchen Sie’s doch mal hinter dem Bühl oder drüben jenseits der
Wässer.« Damit wollte er sagen, dass er das Gespräch für beendet hielt.»Was Sie
mit einem Guten Morgen alles sagen können!«, sagte Gandalf. »Jetzt
bedeutet es, dass Sie mich loswerden wollen und dass der Morgen erst gut werden
kann, wenn ich fort bin.«»Aber nicht doch, keineswegs, mein werter Herr – ach,
ich weiß gar nicht, wie war doch Ihr Name?«»Ja, ja, mein werter Herr! – aber
Ihren Namen weiß ich, Herr Bilbo Beutlin. Und Sie kennen meinen Namen auch, Sie
wissen nur nicht, dass er zu mir gehört. Ich bin Gandalf, Gandalf bin ich! Dass
ich das noch erleben muss: Belladonna Tuks Sohn will mich mit einem Guten Morgen
abwimmeln wie einen Hausierer, der Knöpfe verkauft!«»Gandalf, Gandalf! Du liebe
Güte, doch nicht der Wanderzauberer, von dem der Alte Tuk die magischen
Manschettenknöpfe aus Diamant bekommen hat, die sich von selbst einhakten und
nur auf Befehl wieder aufgingen? Doch nicht der alte Knabe, der an den Festtagen
immer so wundervolle Geschichten erzählt hat, von Drachen, Orks, Riesen, von
geretteten Prinzessinnen und vom unverhofften Glück armer Witwensöhne? Und der
immer so ein unglaubliches Feuerwerk gemacht hat! Das weiß ich noch! Der Alte
Tuk ließ immer zur Sommersonnenwende eines abbrennen. Herrlich! Das stieg auf
wie große Lilien von Feuer, wie Löwenmaul und Goldregen, und hing den ganzen
Abend am Himmel.« Ihr werdet schon bemerkt haben, dass Herr Beutlin nicht ganz
so prosaisch war, wie er selbst gern glaubte, und dass er ein Blumenfreund war.
»Du lieber Himmel!«, fuhr er fort. »Doch nicht der Gandalf, der schuld war, dass
so viele ganz vernünftige Jungen und Mädchen ins Blaue hinein auf verrückte
Abenteuer auszogen, angefangen beim Herumklettern auf Bäumen bis hin zu Besuchen
bei den Elben oder Seereisen zu fremden Küsten! Mein lieber Mann, das war schon
ein ganz inter… ich meine, Sie haben dann und wann hier in der Gegend allerhand
Staub aufgewirbelt. Ich bitte um Verzeihung, aber ich hatte keine Ahnung, dass
Sie immer noch im Geschäft sind.«»Wo sollte ich sonst sein?«, sagte der
Zauberer. »Trotzdem, es freut mich, dass Sie mich noch nicht ganz vergessen
haben. Meine Feuerwerke wenigstens scheinen Ihnen in guter Erinnerung geblieben
zu sein, und das lässt ein wenig hoffen. Und um Ihres seligen Großvaters Tuk und
der armen Belladonna willen gewähre ich Ihnen, was Sie erbeten haben.«»Verzeihen
Sie, ich habe doch nichts erbeten!« »Doch, eben schon zum zweiten Mal! Meine
Verzeihung. Die haben Sie. Ich will sogar noch weiter gehn und Sie auf dieses
Abenteuer mitnehmen. Wird sehr lustig für mich und sehr gut für Sie – und
einträglich auch, sehr wahrscheinlich, wenn Sie’s überleben.«
»Tut mir leid!
Ich wünsche keine Abenteuer, nein danke! Heute nicht. Guten Morgen! Aber bitte
kommen Sie doch mal zum Tee – jederzeit, wenn es Ihnen passt! Warum nicht
morgen? Kommen Sie doch morgen! Wiedersehn.« Und damit drehte der Hobbit sich
um, huschte hinter seine runde grüne Tür und machte sie so schnell zu, wie er es
glaubte riskieren zu können, ohne unhöflich zu erscheinen. Bei Zauberern konnte
man nie wissen.
»Warum in aller Welt habe ich ihn bloß zum Tee eingeladen?«,
sagte er zu sich selbst, als er in die Speisekammer ging. Er hatte zwar eben
erst gefrühstückt, fand aber, dass ein paar Kekse und etwas zu trinken ihm nach
dem Schreck guttun würden.
Unterdessen stand Gandalf immer noch draußen vor
der Tür und lachte lange still in sich hinein. Nach einer Weile trat er näher an
die schöne grüne Tür des Hobbits heran und kratzte mit der Spitze seines Stabes
ein sonderbares Zeichen hinein. Dann ging er fort, als Bilbo eben seinen zweiten
Keks verzehrt hatte und sich allmählich bei dem Gedanken beruhigte, dass die
Abenteuer noch mal an ihm vorübergegangen waren.
Am nächsten Tag hatte er
Gandalf fast vergessen. Er behielt solche Dinge meistens nur, wenn er sie in
seinen Terminkalender eintrug, etwa so: Gandalf Tee Mittwoch. Daran hatte
er gestern in seiner Aufregung nicht gedacht.
Erst kurz vor der Teestunde,
als es stürmisch an der Tür klingelte, fiel es ihm wieder ein! Er setzte rasch
den Kessel auf, stellte eine zweite Tasse und Untertasse und ein paar Kekse mehr
auf den Tisch und rannte zur Tür.
»Tut mir ja so leid, dass ich Sie warten
lassen musste!«, wollte er gerade sagen, als er sah, dass es nicht Gandalf war,
der vor ihm stand. Es war ein Zwerg mit blauem, unter einem goldenen Gürtel
festgesteckten Bart und sehr hell leuchtenden Augen unter einer dunkelgrünen
Kapuze. Sobald die Tür auf war, schob er sich herein, als glaubte er, erwartet
zu werden.
Er hängte seinen Kapuzenmantel an den nächsten Haken. »Dwalin, zu
Diensten!«, sagte er mit einer tiefen Verbeugung.
»Bilbo Beutlin, zu
Diensten!«, sagte der Hobbit, zu verblüfft fürs Erste, um irgendwelche Fragen zu
stellen. Als das Schweigen, das nun eintrat, drückend wurde, fügte er hinzu:
»Ich bin grad beim Tee, bitte kommen Sie doch rein und nehmen Sie etwas zu
sich!« Ein bisschen steif vielleicht, aber er meinte es freundlich. Und was
würdet ihr tun, wenn ein uneingeladener Zwerg plötzlich vor eurer Tür stünde und
ohne ein Wort der Erklärung seine Sachen in eurer Diele aufhängte?
Sie saßen
noch nicht lange bei Tisch, waren kaum beim dritten Keks angelangt, als es schon
wieder klingelte, lauter als das erste Mal.
»Entschuldigen Sie!«, sagte der
Hobbit und ging zur Tür.
»Na, da sind Sie ja endlich!«, wollte er nun zu
Gandalf sagen. Aber es war wieder nicht Gandalf. Sondern ein sehr alter Zwerg
mit weißem Bart und scharlachroter Kapuze; und auch er kam gleich herein, als
wäre er eingeladen.
»Aha, die andern kommen auch schon«, sagte er, als er
Dwalins grüne Kapuze sah. Er hängte seine rote daneben. »Balin, zu Diensten!«,
sagte er und legte die Hand auf die Brust.