In der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur stehen die Lieferungen des Werks Schröder erzählt einsam da. Es gibt zahllose Autobiographien, Tagebücher und Briefbände von Veteranen des Kulturbetriebs, doch es ist nichts darunter, was Schröders Erzählungen gleichkäme, sei es an Umfang, Unverschämtheit, Welthaltigkeit, Angriffslust, Eigensinn, Weitschweifigkeit oder Witz, und auch die Herstellungsweise und der Vertrieb der Erzählungen sind einzigartig: Sie entstehen in ausufernden Gesprächen zwischen Jörg Schröder und seiner Lebensgefährtin Barbara Kalender, gelangen von der ersten Abschrift in mehreren gemeinsamen Lektoratsgängen zur endgültigen Textgestalt, erscheinen mehrmals jährlich im Desktop-Publishing-Verfahren und werden einer gegenwärtig dreistelligen Zahl von Abonnenten zugestellt. Als Erzähler trat Schröder zum ersten Mal 1972 in Erscheinung, mit der autobiographischen Suada Siegfried , in der er seinen Werdegang vom Kellerkind des Jahrgangs 1938 zum gefeierten und vielfach angefeindeten Verleger kulturrevolutionärer Literatur geschildert hat. Nachdem es ihm gelungen war, den darbenden, auf Judaica spezialisierten Melzer-Verlag mit aufsehenerregender erotischer Literatur zu sanieren, hatte Schröder sich mit dem Verleger überworfen, alle Mitarbeiter und Autoren auf sich eingeschworen und mit einigen von ihnen unter abenteuerlichen Umständen den Verlag März gegründet, den "Pilotverlag der Achtundsechziger", wie er ihn später nannte. Hier erschienen ab 1969 Günter Amendts Aufklärungsfibel Sexfront , Comics von Robert Crumb, Gedichte von Leonard Cohen, Werke von Ken Kesey, Peter Kuper, Leslie Fiedler, Christian Schultz-Gerstein, Kenneth Patchen, Hermann Peter Piwitt und Gunnar Heinsohn, Bernward Vespers monumentales Generationsbuch Die Reise und der Klassiker ACID , die von Rolf Dieter Brinkmann und Ralf-Rainer Rygulla herausgegebene Anthologie amerikanischer Avantgarde- und Undergroundliteratur. Die Bandbreite reichte von Roter Stern über China bis Lass jucken, Kumpel , und der gleichermaßen erfolgreiche wie draufgängerische Verleger Schröder posierte für ein Illustriertenfoto so überzeugend als neureicher Gutsherr und Lebemann, dass noch viele Jahre danach die sonderbarsten Gerüchte über ihn umliefen: 1991 vermerkte Walter Kempowski vollkommen ernsthaft in seinem Tagebuch, Jörg Schröder habe als Jungverleger "ein Schloss und einen handzahmen Leoparden" besessen.
Zahlungsmethoden
PayPal (nicht Abos),
Kreditkarte,
Rechnung
weitere Infos
Versandkostenfreie Lieferung
nach D, A, CH
in D, A, CH inkl. MwSt.
weitere Infos