Als ich Kurt Scheel auf seine Frage, was ich denn vorhätte, antwortete: "Musil", reagierte er trocken. Vielleicht erbleichte er auch ob der irgendwie mystisch klingenden Antwort. Das war bei unserem ersten Treffen, ein Jahr bevor ich 1984 die Herausgeberschaft übernahm, er aber schon drei Jahre als Redakteur die Zeitschrift von innen und außen im Griff hatte. Was meinte ich eigentlich mit dieser Antwort? Zeitschriften, jedenfalls die im Gedächtnis gebliebenen in- und ausländischen, hatten immer etwas gewollt: Sei es, dass sie ein literarisches Programm oder sogar ein generell geistiges Konzept hatten, zum Beispiel ein kulturkritisches, Karl Kraus´ Die Fackel . Mir war aber wohlbewusst, dass seit Friedrich Schlegels Athenäum und seit solchen berühmten Periodika zwischen der Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg, geschweige nach dem Zweiten, ein bestimmtes Pathos überholt war, ganz bestimmt auch viele Ideen selbst. Nichtsdestotrotz schien mir auf den Merkur noch immer eine intellektuelle Herausforderung zu warten, die sich neben dem vorherrschenden Kursbuch , der Bibel der Linksintelligenz, sehen lassen könnte. Mit dem Namen "Musil", der gerade Gegenstand eines meiner Bielefelder Seminare war, meinte ich wohl, wenn ich das recht erinnere, nichts anderes als eine vage Idee von moderner Ästhetik und Diagnostik der Zeit. Mir kam dabei entgegen, dass die bis dahin vorherrschende sozialhistorische und ideologiekritische Perspektive auf alles und jedes durch ein neues Interesse an rein ästhetischen Fragestellungen Konkurrenz bekommen hatte. Nicht zuletzt durch die französischen "neuen Philosophen" Deleuze, Lyotard und Derrida als auch durch den enormen Einfluss des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Paul de Man, jedenfalls in akademischen Zirkeln, die für den Merkur nicht unwichtig waren.
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