Dass sich auf Werte, erst recht eine Agenda allseits geteilter Werte, ein Projekt von Gesellschaft nicht mehr sinnvoll gründen lässt, könnte sich gerade darin zeigen, dass über sie wohl noch nie so häufig geredet wurde wie heute. Doch der Verdacht ist eben, dass gerade das nun auch aus ihnen geworden ist: Gerede.
Uwe Volkmann, Wertedämmerung
Die Schönheit fungiert als tertium comparationis: Die Heimat ist schön; Deutschland ist die Heimat; also ist Deutschland schön. Oder auch anders herum: Die Heimat ist schön – Deutschland ist schön – also ist Deutschland die Heimat.
Fritz-Gerd Mittelstädt, Die Grenzen der Heimat
Immer schon war bei mir die Empfindung da, dass es mit diesem Weg "etwas auf sich habe", wie man so sagt. Es ist ein merkwürdig ungenutzt-vergessener Ort inmitten eines intensiv bewirtschafteten Landes. Das Randgehölz eines Zwickels, eine Stunde zu Fuß von der Leipziger Messe. Eine bemerkenswerte Zeitinsel, fast ein Deutschlandarchiv.
Marko Demantowsky, Public History auf Abwegen
Mit den Sprachassistenten stoßen neue Mitbewohner, Kollegen, Familienmitglieder zu uns. Diesen neuen Akteurinnen in unserer Mitte sprechen wir klarerweise keine volle Handlungsmacht und Personalität zu; wir erwarten keine begeisterten Vorschläge fürs gemeinsame Fortgehen, keine Beziehungsgespräche, auch keine einvernehmliche Zukunftsplanung mit ihnen.
Holger Schulze, Klangkolumne
Schmidt hat schon früher, etwa in der Erzählung Seelandschaft mit Pocahontas, etwas von diesem Prozess einer deutschen sexuellen Invalidität wahrgenommen und sie verwandelt in Geschichten, die auch seine eigenen Verdrängungen betreffen, während zur gleichen Zeit die Wiederbewaffnung verhandelt wird. Sexualität diente in diesen fünfziger Jahren dem Verstecken dessen, was in den zwanzig Jahren davor vernichtet wurde.
Guido Graf, Verlarvung
Offenbar kann jedes Bild für unterschiedliche, ja widersprüchliche Geschichten herhalten. Ihre Botschaften sind eben nicht "zwingender" Natur, weil erst das Unsichtbare dem Sichtbaren eine Bedeutung verschafft – mit dem Effekt, dass "überschießende" Aussagen, die allesamt dem Bild nicht widersprechen, ohne von ihm vollkommen gedeckt zu werden, miteinander konkurrieren. Eben relative Wahrheiten.
Wolfgang Fach, Arendt und Amerika
Im historischen Niemandsland um 1500 ist die politische Stimmung angespannt. Selbsternannte Propheten, Prediger, bestenfalls geduldet von den kirchlichen Autoritäten, ziehen durch die Städte, prangern die adligen, kirchlichen und wirtschaftlichen Eliten an, werfen ihnen vor, sie würden das einfache Volk nicht mehr repräsentieren, seien in ihren jeweiligen Ständen von den Sorgen der Mehrheit abgeschirmt.
Sebastian Dümling, AfD (um 1500)
Platon hat die Erkenntnis erarbeitet, dass die falsche und täuschende Rhetorik vor allem an einem krankt: an einem Mangel an politischem Wissen, an der politike techne, die danach strebt, das herauszufinden, was für die ganze staatliche Gemeinschaft langfristig das Beste ist, indem sie rational hinreichend begründete Entscheidungen erarbeitet.
Gyburg Uhlmann, Die Banalität rhetorischer Manipulation
Wir hatten bald einen libanesischen Automechaniker, einen iranischen Hosenschneider, einen russischen Schuster, gingen in eine türkisch geführte Apotheke und regelmäßig ins ägyptische Restaurant unten bei uns im Haus, und selbstverständlich durfte der ägyptische Besitzer über unsere Terrasse aufs Flachdach steigen, um von hier aus seine Antenne auszurichten, damit die Familie zwei Häuser weiter ägyptische Seifenopern gucken konnte. Wir hielten uns für großartig integriert. Dann schloss der Späti.
Christel Dormagen, Neukölln
Aber auch hier gerät das eingespielte Sozialdrama ins Stocken. Im ersten Stock ist nach dem Auszug einer jungen Migrantenfamilie mittlerweile eine hippe WG eingezogen. Ihre Vintage-Räder scheinen so kostbar zu sein, dass sie im Hausflur angeschlossen werden, weil sie im Hinterhof, wo die Räder der restlichen Hausbewohner stehen, der Witterung ausgesetzt wären.
Christian Werthschulte, Köln-Nippes
Ein kleiner, im Vergleich zum Herrenfriseur Manfred ein paar Häuser weiter etwas schicker gestalteter Friseursalon unweit davon hat an der Tür "bitte drücken" stehen – auf Japanisch; die Website zeigt Preise an, die die alte Dame, die ihren Mann zu Herrn Manfred begleitet hat, gewiss nicht zahlen würde.
Birgit Kellner, Rudolfsheim-Fünfhaus
Wir gehen inzwischen schon mit den Kindeskindern in den Innopark, wo sich frühmorgens unter der großen Eiche die Tai-Chi-Gruppe trifft, die neuesten Hunderassen promenieren und Generationen von Kindern von Au-Pair-Mädchen, geduldigen Erzieher/innen oder Helikopterelternteilen umschwärmt werden. Es ist ein schöner Park, bewacht von einer nackten Innocentia und gelegentlichen Zivilfahndern auf der Suche nach Kiffern.
Werner Krauß, Grindelviertel
Oder was ist los mit denen, die immer wieder sagen, man müsse den Leuten endlich mal zuhören? Hören wir ihnen denn nicht andauernd zu? Sind nicht unser aller Ohren geöffnet, wenn der "Mann von der Straße", der "einfache Mann", der Rechtsradikale und der Populist, sozusagen die Björn-Höcke-Ausprägung der Öffentlichkeit, loslegt, schon allein deshalb, weil er uns mit dem, was er sagt, provoziert? Und was passiert dann?
Kathrin Röggla, Konsequenzkunst
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