Konformität hat einen schlechten Ruf, Autonomie einen sehr guten: Niemand wird sich gern sagen lassen, dass er ein Mitläufer ist, und in hochindividualisierten Gesellschaften gelten Eigenständigkeit, Durchsetzungs- und Urteilsfähigkeit ebenso wie die daraus abgeleiteten Entscheidungen und Handlungen als hohes Gut. Staatstheoretisch betrachtet gründen denn auch alle Demokratien ihre Verfassungen und Verfahren auf die Voraussetzung, dass Menschen, mindestens ab dem Erwachsenenalter, zu selbständigen Urteilen und Entscheidungen fähig sind. Autonomie ist vor diesem Hintergrund zunächst ein normatives Konzept. Entsprechend folgt auch das Rechtswesen grundsätzlich der Annahme, dass psychisch gesunde Erwachsene zu autonomem Handeln in der Lage sind, also dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden können. Konformität, nach lexikalischer Definition eine "Verhaltensänderung infolge realen oder eingebildeten Einflusses anderer Personen", ist in den westlichen Gesellschaften dagegen negativ beleumundet − was nicht verwundert, da sie je nach Lesart in einem Spannungsverhältnis, wenn nicht in direktem Widerspruch zum Autonomieideal steht. Aber das Autonomieideal, so konstitutiv es für das moderne Staatsverständnis und für die Selbstbilder moderner Individuen ist, findet in den zuständigen Wissenschaften kaum empirische Bestätigung: Die Sozialpsychologie etwa kann − von den Konformitätsexperimenten aus den dreißiger Jahren bis zu den neueren Forschungen der Verhaltensökonomik − immer wieder feststellen, dass auch moderne Menschen im Zweifel die Mehrheitsauffassungen der eigenen, autonomen, vorziehen.
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