Schon von Talcott Parsons konnte man lernen, dass man Prozesse nach Tempo, Abstraktionsniveau und Intensität unterscheiden müsse; Niklas Luhmann, sein intelligentester Schüler, legte dann besonderen Wert auf Restabilisierung, also auf das Problem, wie es trotz Wandel denn überhaupt weitergehen kann, und berührte damit identitätslogische Untiefen der Frage nach dem, was ist. Ich habe nicht mehr anzubieten denn den Hinweis auf Alexander Demandts knappe Ausführungen zur Trichterstruktur historischer Prozesse: "Diffuse Kräfte tendieren zunehmend in dieselbe Richtung, eine Experimentierphase gewinnt an Intensität und führt scheinbar plötzlich zur Entscheidung. Die wachsende Geschwindigkeit verringert die Spielräume und mündet in eine Art Zwangsläufigkeit", die im Rückblick dann notwendig erscheint, es aber nicht war. Vorteil dieses Konzepts kaskadierender Prozesse ist nicht nur der Hinweis darauf, dass zwar die "Krise" als gestörte "Homogenität der Ereignisdichte" − langer Anlauf, kurzer Sprung − erfahren wird, die breitgefächerten Voraussetzungen und unerwarteten Wirkungen aber unbewusst bleiben. So finden sich ehemalige Rebellen als Lehrer an den Kunstakademien, Comicfiguren und Lifestyleartikel zitiert in Werken der Hochkultur, während sich gefeierte Avantgardisten bald als Eklektiker entpuppen. Ästhetische Innovation ist unbeherrschbar, zumal, daran lässt Demandt keinen Zweifel, das Neue kausal eigentlich nicht ableitbar ist; es kann sehnlichst erwartet werden und doch ausbleiben oder einfach untergehen, dagegen bleibt die Interpretation des Wandels buchstäblich Rekonstruktion, Modellbildung dessen, wie es nicht "eigentlich gewesen". Die prognostische Kompetenz jedoch, deren Schwierigkeit den Wirklichkeitswissenschaften zu Recht Kopfschmerzen bereitet, die ästhetischen Disziplinen dürfen getrost auf sie verzichten. Es wäre plötzlich schrecklich langweilig.
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