Wer sich dem Außenseitertum nähert, sollte ehrlicherweise damit beginnen, dass es nicht wünschenswert ist, Außenseiter zu sein. Die spätmittelalterliche Frau, die als Hexe identifiziert wurde, der Homosexuelle im heutigen Iran oder auch das mit irgendeinem scheinbaren Makel behaftete Kind, das in der Gruppe seiner Gleichaltrigen zum "Opfer" wird, sie alle sind ja in der Regel keineswegs durch Begabungen oder gar Genie ausgezeichnet, die ihre furchtbaren Leiden aufwiegen könnten. Vielmehr sind es ganz normale, sogar durchschnittliche Menschen, die nichts mehr ersehnen, als in ihren heimischen sozialen Zusammenhängen Anerkennung und Zuneigung zu finden. Vielleicht treibt ihre Verzweiflung sie zu dem Punkt, sich selber anders zu wünschen, ohne Schwulsein oder Fettsein, aber zunächst würden sie wohl am liebsten so genommen werden, wie sie sind. Doch die umgebenden Gruppen wählen sie als singuläre Ziele selbststabilisierender Gewalt aus, hetzen und quälen sie entweder rasch zu Tode oder erhalten sie als dauernde Objekte der Grausamkeit am Leben; dieses Leben, am Rande, aber in Reichweite der Gesellschaft, als Spielobjekte von Meuten, wird zur Hölle. Dass solche Menschen dann auch anders zu denken beginnen als die Mehrheit, ist unvermeidlich. Aber das beweist noch gar nichts über die Qualitäten solcher Randständigkeit. Die Welt war seit jeher voll von bedauernswerten Spinnern, von Depressiven und Größenwahnsinnigen, von Leuten, die mit sich selbst sprechen, sich nicht im Griff haben und den schlichtesten Anforderungen an ein geordnetes Dasein nicht gewachsen sind. Nur wenn hohe Begabung und eine große Ichstärke dazukommen, mag das primäre Außenseitertum, wie es von jeder Gruppe, jeder Gesellschaft und jedem Moral- und Rechtssystem produziert wird, fruchtbar werden.
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