Ich kann mich noch gut erinnern an das Gefühl der Unwirklichkeit, das mich auf meinen ersten Spaziergängen durch New Yorks Lower East Side überkam. Es ist seither noch stärker und manchmal fast überwältigend geworden, wenn ich in den letzten vier Jahren dort umherging oder beruflich zu tun hatte. Vor meiner New Yorker Zeit war ich in Polen und der Slowakei fast ein Jahrzehnt lang sozialisiert worden in den eher klassischen (oft geradezu noch am 19. Jahrhundert orientierten) Traditionen weiblicher Selbstinszenierung und männlichen Dandytums. Jetzt, im Spätsommer 2007, beeindruckten mich Körpersprache, Mimik, Sprachduktus, Umgangsformen und Garderobe der Lower East Sider als fast willkürlich unattraktiv, als geradezu einstudiert androgyn, als beinah absichtlich abstoßend. Diese Frauen, so schön viele von ihnen sind, diese Jungs sehen scheiße aus. Und sie wollen es. Sie hatten sich offenbar anhand elaborierter Theorien und Codes, über der Lektüre vieler Modezeitschriften, Fanzines, nach eingehendem Studium der Fotografien Wolfgang Tillmans´ und Juergen Tellers mit viel Mühe und Bewusstsein so und nicht anders hergerichtet. Ein paar Wochen später saß ich mit einer Freundin in einem der lächerlich überteuerten Bistros der Ludlow Street und erkannte am Nebentisch einen jungen, mich bei jedem Auftauchen auf der Leinwand durch seine männliche Schönheit einschüchternden Schauspieler. Beziehungsweise: Ich erkannte ihn eben nicht. Er trug eine seltsam kaffeekannenwärmerhafte Pudelmütze, zerrissene Jeans, ein schlammfarben kariertes Holzfällerhemd unter einem kurzärmligen T-Shirt und sorgsam verschmutzte weiße Converse-All-Star-Schuhe. Nichts erinnerte an den sublim eleganten jugendlichen Nebenschurken aus Woody Allens Match Point. Es war grauenhaft.
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