Zitate aus dem Februarheft, Nr. 801, 2016
„Liebe ist kein Zufall“, heißt der flächendeckend plakatierte
Werbeslogan von elitepart-ner.de, und diese Behauptung widerspricht natürlich
vehement jenem „romantischen Code“, um mit Luhmann zu reden, der in den letzten
250 Jahren das Zueinanderfinden von Paaren und die Synthese von Liebe und Ehe organisiert
hat.
Postel bewies
durch seine Aktion, dass es gerade mit jener Weihe, mit der die Psychiatrie ihr
besonderes Amt legitimiert, nicht weit her ist, mit der wissenschaftlichen
Fachlichkeit nämlich. Postel wird nicht müde zu betonen, dass er als Arzt
anderen Zuschnitts, als Herzchirurg oder Orthopäde, selbst als Konditormeister
oder Automechaniker nicht die mindeste Chance gehabt hätte, einen
entsprechenden Posten zu bekommen und jahrelang unbehelligt auszuüben. Denn
alle diese Leute müssen konkret etwas können, um ihrem Beruf zu genügen
(...).
Burkhard Müller, Postel. Die Einsamkeit des Hochstaplers
Theoriekunst,
so verstanden, ist kein Idealismus. Hier wird nicht einfach aus den Begriffen
die Welt abgeleitet, hier wird überhaupt nichts abgeleitet. Hier wird
stattdessen auf äußerst systematische Weise an der Welt vorbeigeredet
(...).
Matthias Rothe, Sohn-Rethel, das Theoriekunstwerk
Offenbar halten es
die meisten (...) Beteiligten auch siebzig Jahre nach Kriegsende noch allen
Ernstes für zwingend, Werke wortreich zu dämonisieren, deren appellative
Qualitäten längst nur noch Personenkreise ansprechen, die für politische
Umerziehungsbemühungen ohnehin verloren sind. Und dieses alberne Ritual wird
durchgezogen, obwohl längst die ersten öffentlichen Kunstmuseen dazu übergehen,
zumindest temporär ausgewählte Werke einschlägiger Größen des NS-Kunstbetriebs
aus ihren Beständen zu zeigen.
Christian Demand, Hitlers Pferde. Memorialkolumne
Genau
das ist es vermutlich, was die Vorstellung des Staates – oder auch der
Europäischen Union – als Wertegemeinschaft für den politischen Diskurs so
attraktiv macht. Das Beschwören gemeinsamer Werte ist sehr viel einfacher als
die Analyse und Veränderung des Bodens, auf dem gemeinsame Wertüberzeugungen
gedeihen oder eben auch nicht. Außer-dem eignet es sich für polemische Zwecke,
die mehr mit Polarisierung und Ausgrenzung als mit der Förderung des
gesellschaftlichen Zusammenhalts zu tun haben.
Gertrude Lübbe-Wolff, Die Verfassung als Wertordnung – Was heißt das? Rechtskolumne
Das Große
Museum führt einige seiner Protagonisten geschickt (aufs) Glatteis, darunter
eine Abteilungsdirektorin, die beim Bilderhängen ihre Anweisungen von einer
Untergebenen als lebendem Sprachrohr weitergeben lässt, wie in einem längst
vergessen geglaubten Hofzeremoniell. Aber schon beim nächsten Meeting ringt sie
um Fassung, als ihre unbezweifelte Amtsautorität unter einer
betriebswirtschaftlichen Ansage des kaufmännischen Leiters unversehens
zerschellt.
Walter Grasskamp, Das Museum im Film
Das Gedankenbuch ist eine
männliche Gattung. Die geschlechtliche Rangordnung des Literaturbetriebs (von
der keiner sprechen will), macht das Genre offenbar, ja es dürfte die Absicht
sein, die literarische Hierarchie der Geschlechter durch die Publikationen zu
stabilisieren. Was in diesen Büchern zusammenkommt, knappe Schilderungen von Alltagsbeobachtungen,
Maximen, Reflexionen, gelegentlich auch Erzählbruchstücke, entspricht nicht den
Erwartungen einer weiblichen Leserschaft.
Hannelore Schlaffer, Wider den Roman. Gedankenbücher
Der Tag wird von den
Redaktionen in neunzigminütige Zeitfenster aufgeteilt. Der Durchschnittsleser,
der morgens, mittags, abends seine Lieblingsnachrichtenseite aufruft und für vier
Minuten und acht Klicks bleibt, soll ein ständig aktuelles Angebot
vorfinden.
Stefan Schulz, Das Ende der Zeitung
„Top Secret“ steht für eine
spezifische Praxis des Umgangs mit geheimem Wissen. Der Leser eines solchen
Texts befindet sich somit schon nach einem Blick auf das Dokument in der
misslichen Lage, einen Geheimnisverrat begangen und sich strafbar gemacht zu
haben.“
Florian Sprenger, Top Secret. Nur für unbefugte Leser
Das scheinen alle
Beamte auf allen Stufen perfekt verinnerlicht zu haben: lieber nichts sagen,
den Kommissaren allein die drastischen Statements überlassen und der
Pressestelle aufgeben, alle nötigen Nebelkerzen zu werfen.
Remigius Bunia, Brüssel (II). Brüssel verkehrt
Dieses Foto gibt es nur,
weil der Schütze ins Schwarze getroffen hat. Über einen kleinen, genau hinter
dem Zentrum der Zielscheibe angebrachten Hebel ist der Fotoapparat samt
Blitzgerät ausgelöst worden, so dass dieses Foto im doppelten Sinne des Wortes
ein geschossenes ist.
Harry Walter, Selfie 1953
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