Belgien, so erfahren wir aus Frédéric Martels Mainstream, hat sechs Kultusminister, drei auf Bundesebene − für die Frankophonen, die Flämischsprecher und die deutsche Minderheit − und drei für die Region Brüssel (wobei hier der dritte Kultusminister für die zweisprachigen Projekte zuständig ist). Auf der anderen Seite des Atlantik haben die USA nicht einen einzigen Kultusminister, weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Das liegt der Ausgangsfrage Martels in seinem Buch De la culture en Amérique zugrunde: Warum gibt es in Amerika keinen Kultusminister? Martel stellte bei seinen jahrelangen und große Teile der USA erfassenden Untersuchungen fest: "Nirgendwo ein Kultusminister und überall Kultur." Das dürfte nicht nur den Belgiern, sondern auch vielen anderen Europäern paradox erscheinen und auf Skepsis stoßen: Überall Kultur? Aufgrund sehr detaillierter amerikanischer Statistiken kann Martel genaue Angaben über die "kulturellen Aktivitäten" der Amerikaner machen, und im Vergleich zu Europa ergeben sich sehr ähnliche Werte: Zumindest einmal im Jahr gehen 3 Prozent der Amerikaner in die Oper. Das mag gering erscheinen, ist aber mehr als die entsprechende Zahl der Italiener oder Franzosen und ebenso hoch wie in England (Deutschland: 5 Prozent). Dass die Amerikaner öfter Jazzkonzerte oder Musicals besuchen als die Europäer, wird kaum jemanden verwundern, aber wer hätte gedacht, dass sie auch öfter in Konzerte klassischer Musik gehen (12 Prozent) als die Europäer (Engländer und Franzosen 8 Prozent, Italiener 5 Prozent)? Der Theaterbesuch liegt ebenfalls bei 12 Prozent − keineswegs unter den europäischen Zahlen, was auch für den Besuch der Kunstmuse en gilt. 57 Prozent der Amerikaner lesen ein Buch im Jahr (Europa 57,9 Prozent), aber gegen Martels Zukunftspessimismus in dieser Hinsicht sei darauf hingewiesen, dass der Umsatz aller amerikanischen Verlage gleichwohl 30 Milliarden Dollar im Jahr beträgt, mehr als der der Musik- und Filmindustrie. Neben der Hochkultur mit ihren Symphonieorchestern, großen Museen, Tanzgruppen und Theatern kann Amerika auch auf die "Dynamik seiner Avantgarden, der Gegenkultur und der ´alternativen´ Kulturen" verweisen, deren Einfluss sich in vielen Teilen der Welt zeigt. "Warum sind die amerikanischen Künstler so innovativ und so aktiv in der Gegenkultur, und das auch in Colorado, Kansas oder Texas?", fragt Martel. Denn auch was die regionale Verteilung der kulturellen Aktivitäten betrifft, ergeben sich einige Überraschungen: Im Westen der Vereinigten Staaten, "da, wo man es am wenigsten erwartet hätte", werden die Künste am meisten geehrt − in Idaho, Montana, Wyoming ...
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