Gibt es heute noch Klassiker der Geschichtsschreibung und Geschichtswissenschaft, Autoren der Gegenwart, denen man einen solchen Rang zusprechen möchte? Die beispiellose Expansion der historischen Studien in vielen Ländern bis hin nach Singapur und China, Südafrika und Australien hat zu einem paradoxen Ergebnis geführt. Auf der einen Seite üben mehr Menschen denn je zuvor einen Beruf als Erforscher und Hüter der Vergangenheit aus, werden Bücher über historische Themen in größerer Zahl geschrieben, publiziert und vermutlich auch gelesen als in irgend einer früheren Epoche. Andererseits spielt sich der größte Teil der historischen Forschung abseits der allgemeinen Öffentlichkeit ab. Spezialisten schreiben für kleine Zirkel gleich interessierter Experten, die sich rund um den Globus immerfort auf Tagungen begegnen. Profis sind damit zufrieden, sich in den Augen anderer Profis, ihrer "peers", Ansehen zu erwerben. Bücher sind über den Markt nicht mehr finanzierbar, sondern verdanken, besonders ausgeprägt im deutschsprachigen Raum, ihre Existenz einem verzweigten Subventionswesen. Gelegentlich wagt jemand die Ordnung und Zusammenfassung des Verstreuten in einer "Synthese". Solche Werke sind für den akademischen Unterrichtsbetrieb nützlich, mögen im besten Falle den Spezialforschern die eine oder andere Anregung geben und frischen den Kontakt des Faches zum Laienpublikum wieder auf, ohne den jede Geisteswissenschaft von selbstbezogener Betriebsamkeit bedroht wäre. Sie beruhen in aller Regel auf dem Studium von Sekundärliteratur und bergen dabei manches intellektuelle Juwel. Aber sie leben von geborgter Originalität. Daher bringen sie ihren Verfassern zwar die Anerkennung für herkulische Kraftleistungen ein, jedoch selten den Respekt der Fachwelt. Wenn sich der Spezialist abseits seines Hauptgeschäfts auf die Tonlage der Popularisierung einlässt, dann beugt er sich den Reduktionsbedürfnissen der Medien oder passt sich im Lehrbuchformat der visuell aufgelockerten Häppchenästhetik an, die Verlagen und Herausgebern für das Auffassungsvermögen der Absolventen reformierter Studiengänge maximal zumutbar erscheint.
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